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Ursachen der Eurokrise

"Etwas war faul im Staate Dänemark", und keiner wollte es wissen.

Die Euro-Krise hatte ihren Startpunkt in der Schieflage der öffentlichen Finanzen in Griechenland, bekannt geworden nach dem Regierungswechsel in 2009. Unter den Schlüsselfaktoren die die Krise entstehen liessen und eine Lösung blockieren [stand: Mitte 2012] sind sicherlich:
  1. "EINE WESENTLICHE URSACHE". Ein Systemdefekt oder Geburtsfehler des Euro wurde damals offenbar unterschätzt und seither nicht korrigiert: Eine gemeinsame Währung ohne eine gemeinsame Wirtschafts- und Fiskalpolitik. Nachdem sie einen Satz von Minimal-Beitragskriterien erfüllten1 drifteten die Nationalwirtschaften auseinander. Obwohl jedes Land seine besonderen Gegebenheiten hat, entwickelte sich innerhalb der Eurozone eine deutliche Zweiteilung:

    • Unter den Eindruck, sie besäßen nun eine "harte" Währung erlebten die südlichen Staaten der Eurozone einen Wirtschafts- bzw. Investitionsboom. Dieser führte dazu, daß private und öffentliche Schulden wuchsen, Löhne und Gehälter stiegen, die Arbeitslosenquote sank, Importe dominierten über Exporte, Ausgaben für Soziales stiegen. Insbesondere in Griechenland boomte auch die Korruption2, wodurch die Schuldenlage zusätzlich verschlechtert wurde.

    • Nach dem, wegen der Wiedervereinigung3 über ein Jahrzehnt andauernden Ausnahmezustands, dominierte in Deutschland bei den öffentlichen Ausgaben eine Kultur des "Gürtel Engerschnallens": Anstrengungen zur Einhaltung der EU-Obergrenze für die (jährliche) Neuverschuldung (3% des BIP) z.B. durch Privatisierung von Unternehmen im Staatsbesitz, Einschränkungen in Ausgaben für Soziales, weniger Geld für Kommunen und für diverse staatlichen Leistungen. Löhne und Gehälter stagnierten, das effektive Einkommen sank sogar. Und die Exportzahlen stiegen und stiegen, jedoch ohne daß sich dies auf die Arbeitsmarktstatistik positiv bemerkbar machte.

    Der Wirtschaftsboom bzw. die "Blase" in den südlichen Ländern, der einherging mit dem Exportboom Deutschlands (u.a.) bewirkte einen ständigen Geldfluß von Süd nach Nord. Während dieser Dekade profitierte Deutschlands Exportwirtschaft also enorm von der Einführung des Euro4. Die Falle in die der Süden hinein rutschte wurde erst nach der Weltfinanzkrise 2007-2009 ersichtlich.

  2. "GEGEBENHEITEN DIE DIE KRISE ANHEIZEN UND VERLÄNGERN".

    • ALLE MACHT DEM FINANZSEKTOR: Seit der Weltwirtschaftskrise 2007-2009 üben die drei Ratingagenturen d.h. S&P, Moodys und Fitch weiterhin eine gewaltige Macht aus über die Entscheidungen der großen Investmentbanken und Hedgefonds, trotz des eklatanten Versagens dieser Agenturen diese Katastrophe kommen zu sehen, und trotz der Intransparenz ihrer Bewertungen. Herabstufungen angeschlagener Eurozonenländer werden geradezu im wöchentlichen Rhythmus, insbesondere unmittelbar nach jeder Übereinkunft über Hilfspakete ausgesprochen. Als ob sich mit dieser Geschwindigkeit Nennenswertes in der Wirtschaft bzw. in den Staatsfinanzen ändern würde.

      Es sieht deutlich danach aus, daß es den angeschlagenen Euroländer bewußt unmöglich gemacht ihre Schulden zu zahlen (sich zu refinanzieren)5. Die Risiko-Zinsen, die zum Ankauf von Staatsanleihen (Schuldscheine) verlangt werden erreichen eine soche Höhe, daß kein realistisches Paket von Sparmaßnahmen damit jemals schritthalten kann. Die Spirale nach unten ist garantiert. Dabei ist die Eurozone im vergleich zu den USA und Japan die noch am wenigsten verschuldete Region.

    • "FALSCHE RICHTUNG DER (IM WESENTLICHEN DEUTSCHEN6) POLITIK". Die Krise wurde nicht nach den eigentlichen Ursachen hin untersucht, jedenfalls gibt es keine öffentlichen Hinweise dazu. Die Krise wurde als eine Schuldenkrise aufgefaßt für die nur das betroffene Land verantwortlich ist. Als alleinige Lösung wurde nur Schuldenreduktion durch Sparmaßnahmen in Betracht gezogen, ohne Rücksicht auf die rezessive Konjunktur, auf die Arbeitslosigkeit und auf die sonstigen gesellschaftlichen Auswirkungen. Die fatale Rolle der Ratingagenturen wurde völlig ignoriert, als auch der Euro-Systemfehle. Die Banken, nicht die Steuerzahler wurden (und werden) gerettet. Propagandistisch-öffentlich wurde Deutschland als (einziger) Zahlmeister dargestellt und alle anderen mehr oder weniger als Hilfe-Empfänger.

    "STOLPERSTEINE FÜR HILFSMASSNAHMEN": Ein zu kurz gedachtes Verbot für andere Eurozonenmitglieder strauchelnde Euro-Staaten finanziell zu unterstützen: Gedacht zur Verhinderung eines Flächenbrands und als Anreiz für staatliche Haushaltsdisziplin, versagte dieses Verbot sobald ein nennenswerter Anteil der Eurozonenwirtschaft in Schwierigkeiten geriet, besonders im Angesicht der massiven internationalen Spekulationskultur (angefeuert durch die Ratingagenturen). Umwege mußten gesucht und vereinbart werden.

1) Bei der Euro-Einführung frisierte die Griechische Regierung die Schuldenhöhe mithilfe eines durch Goldman Sachs angebotenen komplizierten Cross-currency Swap. Es bestand der Verdacht, daß die Zahlen nicht stimmten, aber aus politischen Erwägungen drückte man in Brüssel ein Auge zu. Das Instrument war mit den EU-Regelungen kompatibel obwohl dadurch $1 Milliarde von den Griechischen Schulden versteckt wurde. Italien und vermutlich weitere Länder führten ähnliche Maßahmen durch.

2) Wodurch die Deutsche und die Französische Waffenindustrien profitierten indem mehr Waffensysteme an Griechenland verkauft werden konnte als von Griechenland benötigt wurde und für die das Land kein Geld hatte.

3) Entgegen dem weitverbreiteten Eindruck, hier schluckte ein großer Räuber den kleineren Partner - die Ostdeutsche Wirtschaft wurde übernacht vernichtet mittels einer vollkommen unrealistischen Zwangsaufwertung der Mark-Ost (Mark:DM = 1:1). Danach konnten Betriebe und Banken der ehem. DDR zu einem Spottpreis durch Westunternehmer erworben werden. Dies geschah unter der Aegide des CDU-Kanzlers Helmut "ich hatte einen Blackout" Kohl. Siehe zB. die ZDF/Frontal21-Dokumentation "Beutezug Ost – Die Treuhand und die Abwicklung der DDR" vom 14.09.2010.

4) Der erste sichtbare Effekt auf die deutschen Exporte kam in der Form einer Delle im August 2012, anscheinend unerwartet. Bis dahin war die Export-Abhängigkeit von den anderen Eurozonenmitgliedern unter Kreisen der deutschen Wirtschaft und der Politik offenbar nicht zur Kenntnis genommen worden. Über ein halbes Jahrhundert hatte sich in das nationale Bewußtsein eingeprägt: "Harte Arbeit und Fleiß zahlen sich aus. Und die sichtbarste Belohnung dafür ist die positive Exportbilanz." Exportieren wurde geradezu eine Olympische Disziplin. Die Sichtweise war (und ist): Wir machen es richtig. Jene mit negative Handelsbilanzen machen es falsch. Die müssen ihre Gewohnheiten ändern wenn sie so werden wollen wie wir.

5) Siehe hierzu die Studie der Uni St Gallen hinsichtlich verdächtige Eigenschaften ersichtlich in Ratingstatistiken.

6) Die gleiche Politik wird allerdings auch von den Niederlanden und Finnland vertreten. Jedoch besitzen diese Länder keine vergleichbare Vetomacht. Siehe auch die von Chris Bowlby skizzierte Parallele zu Europas geschichtlichen Religionsspaltung.