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Volker Pispers: Kapitalismus + . . .     07.02.2011

[Wohlstand braucht Sklaven]

[Ein deutscher Mythos]

Immer mehr, immer mehr. Produktivität, Wachstum. Und dann, unser Drittes: Der Fleiß, der Mythos des Fleißes in Deutschland. Speziell in Westdeutschland. Der Deutsche war immer stolz auf seinen Fleiß. Und als die Mauer aufging haben doch viele Westdeutsche gesagt: Guck dir doch mal an, wie das da im Osten aussieht. Guck dir das bitte mal an wie das im Osten da aussieht. Die können da gar nicht gearbeitet haben. Das ist doch genau so kaputt wie nach dem Krieg. Hier war auch alles kaputt nach dem Krieg. Und? Wie sieht 's hier aus, wie sieht 's da aus? Wir waren ja fleißig. Haben die Ärmel aufgekrempelt. Uns hat ja auch keiner was geschenkt. Die soll man da durchfüttern – die können doch garnich' gearbeitet haben. Das sieht ja immer noch aus wie im schlimmsten Teil von Süditalien. Bloß noch mit dem Scheißwetter dabei. ☺ Ja, Elend im Regen mag der Deutsche gar nicht. ☺☺ Elend im Sonnenschein findet er sehr entspannend. Elend bei 40 Grad im Schatten, mit Strand und Palmen. Da fährt der Deutsche hin, da kann er sich entspannen. Elend im Regen mag er nicht. Wir waren immer stolz auf unser Fleiß. Der Westdeutsche Stammtisch war immer fleißig. Und hat immer die Ärmel aufgekrempelt. Haben die Deutschen gesagt: Alle könnten so leben wie wir wenn sie nur fleißig genug sind. Das ist der Mythos: Wer fleißig ist, der schafft auch was. Die Afrikaner, hat 's immer geheißen, liegen ja immer nur faul in der Sonne herum. Die haben so viele Bodenschätze in Afrika. Wenn die sich nur am Riemen reißen würden die könnten ganz anders leben. Und jetzt haben wir Pech.

Der Chinese ist nicht so faul. ☺ Der Inder auch nicht. Es kommt knüppel-dick, sie müssen tapfer sein. Der Rumäne will anfangen zu arbeiten. ☺ Das ist ja nicht die Aufgabe des Rumänen, oder? Der Rumäne hat als Diebesbande im Wald rumzulaufen. Wir bauen die Handys, der Rumäne klaut die Handys. Das war die Verabredung. Und jetzt klauen die ganze Handy-Fabriken. Nokia zog von Bochum nach Rumänien. Und die Deutschen, die immer stolz waren auf die freie Marktwirtschaft schimpfen plötzlich über den Raubtierkapitalismus. Plötzlich ist die Rede hier von Raubtier-kapitalismus. Was ist das denn jetzt? Kapitalismus --> Raubtierkapitalismus. Wasser --> nasses Wasser. ☺ Was hat denn Nokia getan? Nokia versucht Geld zu verdienen, oder? Wie ist denn Nokia nach Bochum gekommen? Hat der Nokia Vorstand getagt, und hat gesagt: Wat is' denn die schönste Stadt auf der Welt? ☺☺ Wo müssen wir unbedingt ein Werk bauen? Nein, man hat Nokia gezwungen nach Bochum zu kommen, mit einem Scheck, mit €70 Millionen Bestechungsgelder. Auf Deutsch: Subventionen. 70 Millionen haben wir hingelegt. Dafür ist Nokia nach Bochum gekommen. Das Geld war aufgebraucht vor zwei Jahren. Und da hat Nokia gesagt: Und, gib' es jetzt noch wat? Und da hat der Rüttgers2 damals gesagt: Nee, jetzt gibt es nichts mehr. Wir haben nichts. Das war ja 2008, können Sie sich erinnern? Da hatten wir noch Aufschwung. Da hat man doch kein Geld für Nokia. Hätte man da schon Krise gehabt, da hätte man Nokia schon helfen können. ☺☺ Da hätten die jeder noch ein Opel dabei gekriegt. Aber so? So hat Nokia gesagt: Gut, dann gehen wir nach Rumänien, da geben die €20 Millionen für die 200 Arbeitsplätze, da schaffen wir die erstmal da und dann gucken wir wie es weiter geht. Und plötzlich, als Nokia nach Rumänien gezogen war, da begriffen die Westdeutschen zum ersten mal: Die Mauer war unser Freund. Na klar, wir im Westen haben von der Mauer profitiert. Wir verdanken ein Großteil unseres Wohlstandes der Mauer. Doch nicht weil wir fleißig waren haben wir so viel. Wir haben so viel weil, für das was wir bekommen haben so viel gekauft werden konnte. Wir waren ein Hochlohnland mit billig Importen. Und das haben wir der Mauer zu verdanken gehabt. Die Mauer hat uns die billigen Arbeitskräfte aus Osteuropa all die Jahre schön vom Hals gehalten. Und die billigen Importe hat die Mauer schön durchgelassen. Eine perfekte Membran. Und wir konnten uns noch moralisch darüber empören. Eine Win-Win-Win Situation. ☺☺
Die Amerikaner bauen ja gerade mühsam diesen Zaun. Haben Sie das mal gesehen? Die Amis haben einen Zaun gebaut, hin zu Mexiko, durch die ganze Wüste – hunderte Kilometer lang, mit Stacheldraht schwer bewacht. Die Ossis würden sich wie zuhause fühlen. Die Amis versuchen sich die billigen Arbeitskräfte aus Lateinamerika vom Hals zu halten. Da geben die hunderte Millionen Dollar dafür aus. Jedes Jahr. Uns hat man die Mauer kostenfrei dahin gestellt. Das Ding ist all die Jahre frei gewartet worden. ☺☺ Und als die Betreibergesellschaft der Mauer, ☺☺ als die DDR 1983 zum ersten Mal in wirtschaftlichen Schwierigkeiten geriet, hat Franz-Josef Strauß die am Leben gehalten mit einem Milliardenkredit. Genau wie jetzt bei den Griechen. Wir helfen da gerne aus. 1,5 Milliarden DM waren das damals für die DDR. Das war eine riesen Summe damals.

[Ein lukrative Investition]

Da war große Diskussion – überhaupt, auch moralisch, darf man so ein Regime überhaupt unterstützen? Der Strauß hat gesagt: Gutes muß erhalten bleiben. ☺ Der Strauß war kein SED-Fan. Würde ich ihm nicht unterstellen. Aber der Strauß, der wußte wie wichtig die Mauer für das Geschäftemachen in Westdeutschland war. Der Strauß war ein Geschäftemacher. Der ist doch nicht als Millionär gestorben weil er Ministerpräsident von Bayern war. Nein. Der Strauß war der Prototyp des konservativen Geschäftemachers in Deutschland. Na klar. Der Strauß hat Geschäfte gemacht mit Pinochet in Chile, das war ein Faschist, hat Geschäfte gemacht mit Honecker, das war ein Sozialist. Der hat Geschäfte gemacht mit Idi Amin, Burkassa und mit Gaddhafi und mit Khoumeni. Das ist einem Konservativen doch völlig egal. Der läßt sich doch im Geschäftemachen doch nicht von Werte oder Moral behindern. ☺ Der konservative Geschäftemacher, der geht doch sonntags nicht in die Kirche weil er an Gott glaubt, oder dat Gesabber von den sexuell gestörten Popen hören will. ☺☺ Der Konservative setzt sich auf die harte Bank und hofft Geschäftspartner kennenzulernen in dem Umfeld. Aus demselben Grund ist er im Karnevalsverein, im Schützenverein, im Trachtenverein, und in der CDU. Das ist für den alles dasselbe. ☺☺ Der Konservative ist erfolgreich weil er sich fokussieren kann, aufs Geschäftemachen: Kohle, Kohle, Kohle. Und deshalb nennen wir die auch die Schwarzen. ☺ Und wenn der Linke das sieht, da wird er Rot vor Wut. Und der Liberale wird Gelb vor Neid. So hängt das ja alles zusammen. ☺☺ 1,5 Milliarden DM damals für die DDR. 1983. Da sind die noch mal sechs Jahre damit ausgekommen. Mit 17 Millionen Insassen. ☺ Da können Sie mal sehen wie ordentlich die da gewirtschaftet haben. Sozialistische Miswirtschaft, ich bitte Sie! Das sind heut' €750 Millionen. Das reicht für die Hypo Real Estate keine zwei Stunden. Dann ist dat ab durch den Kamin. ☺ Die DDR war pleite. Haben wir da gelacht, wa'? Verglichen mit den Griechen und den Amerikanern war die DDR ein solide finanzierter Staat.

[Nebenbei: Wer hat Angst vorm großen öffentlichen Schuldenberg?]

Schauen Sie bitte die Staatsverschuldung an von damals, und was wir heute haben. Das 's doch einfach nur lächerlich. Es geht ja überhaupt nicht darum, wieviele Schulden Sie haben. Die Leute wollen ihr Geld ja gar nicht zurück haben , die Ihnen Geld geliehen haben. Die wollen Zinsen. Wieviele Schulden Sie haben, das interessiert doch keine Sau. Das hat alles nicht mit Vernunft zu tun, meine Damen und Herren. Die Griechen haben pro Kopf €26.000 Staatsschulden. Die Amerikaner haben pro Kopf €30.000 Staatsschulden. Und jetzt hat Barack Obama einen Haushaltsplan vorgestellt für seine Amtszeit. In den vier Jahren will er noch mal €15.000 Schulden pro Kopf neu dazumachen. Das heißt da haben die Griechen ihre €27.000 Schulden pro Kopf. Und die Amerikaner haben €45.000 Schulden pro Kopf. Und wer ist kreditwürdig?? Na klar, die Amis. Den müssen sie Geld leihen, weil die haben eine Armee – die kommt sich das sonst holen. ☺☺ Und die Griechen, die kriegen sie jetzt richtig dran. Die müssen jetzt 10 Milliarden im Haushalt einsparen. Verglichen bei uns wäre das 80 Milliarden pro Jahr. Stellen Sie sich vor die würden bei unserem Haushalt 80 Milliarden streichen. Was hier los wär. Und die Griechen müssen sich dran halten. Wenn die nicht 10 Milliarden sparen, dann gibt es richtig Ärger. Was passiert eigentlich, wenn die das nicht schaffen? Ich glaub' dann müssen sie Strafe zahlen. ☺ Wovon tun die das denn dann? Ich glaub' die Merkel wird ihnen das leihen, nicht? ☺☺ Das ist alles so balla-balla. ☺☺ Barack Obama hat einen Haushaltsplan aufgestellt für seine vier Jahre Amtszeit – können Sie nachlesen. Er hat gesagt im ersten Jahr mache ich $1.600 Milliarden neue Schulden. $1.600 Milliarden! So, im zweiten Amtsjahr mache ich nochmal $1.600 Milliarden neue Schulden. Im dritten Amtsjahr mache ich nochmal $1.600 Milliarden neue Schulden. Und im vierten Amtsjahr, da hat er gesagt er werde die Staatsschulden halbieren. Ja, erst im vierten Amtsjahr – so viel Zeit braucht der Kopp dafür, den Trick vorzubereiten. ☺ Der schönste Gag ist, wenn die sagen die Staatsschulden werden halbiert. Da wird überhaupt nichts zurückbezahlt. Da glauben Sie, da wird was zurück gezahlt? Nein, die Staatsschulden halbieren heißt die Neuverschuldung wird halbiert. Der Barack Obama verspricht, er macht im vierten Jahr seiner Amtszeit nur noch halb soviel neue Schulden wie jeweils in den ersten drei Jahren. So einen Diätplan müßten Sie mal mit ihrem Arzt aufstellen. ☺ Sagen Sie: Ich nehme im vierten Jahr noch nicht ab, aber ich nehme im vierten Jahr nur noch halb soviel zu wie jeweils in den ersten drei Jahren. Und dann diskutieren die in der Medizin wann man Hirntot ist. ☺ Es ist großartig. Die Höhe der Schulden spielt keine Rolle. Die Frage ist ob Sie noch frisches Geld kriegen, um die Zinsen bezahlen zu können. Na klar. Und wenn die Amerikaner überhaupt nicht mehr genug Kredite kriegen, dann drucken sie einfach Geld. Wir drucken jetzt auch Geld in der europäischen Währungszone. Die Amis drucken Geld ohne Ende seit zwei Jahren schon. Hätte die DDR damals Geld gedruckt, hätten Sie gesagt: Das ist doch Spielgeld, was wollen die damit? Die Amis drucken jetzt auch Spielgeld. Der Dollar ist fast gar nichts mehr wert. Nur Sie kaufen den Amis ihre Dollar ab für Ihre Altersversorgung – toi, toi, toi! ☺☺

[Ein Deutscher Mythos: Weiteres Beispiel]

Nochmal ein kleines Beispiel für die Funktionsweise der Mauer. Sie kennen alle das Billy Regal. Billy Regal ist 30 Jahre geworden – von Ikea letztes Jahr, großes Jubiläum. Und Billy Regal konnten wir uns schon als Studenten leisten. Stabiles Regal, mit Rückwand, allem drum und dran. Das war billig. Warum? Weil Ikea in der DDR produziert hatte damals. Die hatten sogar in DDR Gefängnissen produziert damals – wußten Sie das? Politische Gefangene in der DDR haben die Billy Regale hergestellt. Ja, denken Sie beim Abstauben nächstes Mal darüber nach zu hause. ☺ War doch das typische DDR Produkt. Sie können sich erinnern – mal fehlten die Löcher, mal fehlten die Schrauben. ☺ Aber wir konnten uns das leisten! Hätte Ikea damals in Westdeutschland zu westdeutschen Stundenlöhne das Zeug hergestellt, hätte sich doch kein Student das Ikea Zeug leisten können. Da wäre das viel zu teuer gewesen. Aber die Brüder und Schwester im Osten, die haben für ein Appel und ein Ei gearbeitet. Die haben wirklich nicht Lohn bekommen, die konnten sich selber keine Ikea Sachen leisten. Die konnten ihre Häuser nicht renovieren. Und jetzt verstehen Sie es vielleicht. Es hat immer schon Ein-Euro-Jobber in Deutschland gegeben. Nur früher haben wir sie wegen der Mauer nicht sehen müssen. ☺ Die Mauer fiel und Ikea ist direkt weiter gezogen. Erst nach Tschechien zu produzieren. Dann kam die EU nach Tschechien. Die Löhne stiegen. Ikea ist wieder weitergezogen. Usbekistan, Kasachstan, Tadschikistan. Immer noch eine Runde weiter.
      Ich will nicht hinter um mit einem Korinthenkacker die Reihenfolge diskutieren müssen. Lachen Sie nicht – Gymnasiallehrer dürfen abends frei rumlaufen... ☺☺
Es geht ja nicht um Geographie, es geht gar nicht um Details. Es geht um die Strukturen, die dahinter stecken. Die Unternehmen ziehen immer noch weiter. Dahin wo es noch billigere Arbeitskräfte gibt als wo sie jetzt schon sind. Einmal sind sie einmal um die Welt rum. Warten Sie es ab. Wenn Sie bereit sind in Bonn für zwei Euro die Stunde zu arbeiten weil Sie sonst nichts mehr zu beißen kriegen, dann kommt Ikea hierher, dann produzieren die hier. Und dann können Sie sich an den Chinesen rächen mit einem beschissenen Billy Regal.



2) NRW-Ministerpräsident

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