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Volker Pispers: Kapitalismus + . . .     07.02.2011

[Beispiel Autoindustrie]

VW hat gesagt: Wir brauchen 7% Produktivitätszuwachs jedes Jahr um den Standort Deutschland zu halten. Allein VW. 7% Produktivitätszuwachs – wie erreicht man das? Sie können zum Beispiel, jedes Jahr die selbe Zahl Autos mit 7% weniger Mitarbeiter herstellen. Wie oft können Sie 7% der Belegschaft entlassen, bis Sie keine mehr haben? ☺ Ist kein Konzept für die Zukunft, oder? Sie wollen ja in 20 Jahren ihre kapitalgedeckte Altersversorgung mit VW-Aktien abdecken. Bis dahin müssen Sie ja durchhalten. Die andere Möglichkeit ist: Mit der selben Zahl Mitarbeiter und 7% weniger Lohn jedes Jahr. Wie oft können Sie den Leuten 7% Lohn kürzen, bis sie nicht mehr zur Arbeit kommen können? Geht also auch nicht. Die Möglichkeit, die existiert ist also nur: Mit der selben Zahl Mitarbeiter und den selben Lohn jedes Jahr 7% mehr Autos herstellen. Das schaffen die auch bei VW. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist die Dinger zu verkaufen. Wir haben schon jetzt in Europa 20% mehr Autos die hergestellt werden als verkauft werden können. VW will jedes Jahr 7% Produktivitätszuwachs dazubekommen – jedes Jahr! Das sind ja Exponentialkurven. Schon Ihre Enkel werden jeden zweiten Monat ein neues Auto kaufen müssen. ☺

[Beispiel Handys]

Bei Handys ist diese Situation längst erreicht. ☺ Wir haben seit Jahren mehr Handys als Deutsche. Vor allem, sehr viel mehr Handys als Deutsche die sie bedienen können. ☺☺ Aber, Handys sind der Wachstumsmarkt überhaupt, oder? Es gibt doch permanent neue Handy-Geschäfte die aufmachen. In den Fußgängerzonen machen überhaupt nur noch zwei Sorten Geschäfte neu auf, habe ich den Eindruck. Sonnenbank-Studios und Handy-Läden. Das ist der Höhepunkt der Westlichen Zivilisation. Man läßt sich das Hirn braten, um bereit zu sein für den nächsten Handy-Kauf. ☺☺ Und mit einem geschickten Auge können Sie an der Gesichstsbräune eines Menschen ablesen wieviele Handys der in der Hose hat. ☺☺ Und Sie müssen mitmachen, Sie müssen kaufen, kaufen, kaufen. Vor allem Handys, das ist ein Wachstumsmarkt – da müssen Sie mithalten, da müssen Sie jeden Monat ein neues Handy kaufen. Und kommen Sie nicht mit der olen Nummer, Sie hätten nur zwei Ohren. Das ist überhaupt kein Argument. Sie haben ja auch mindestens 20 Paar Schuhe und nur zwei Füße. An der Stelle haben Sie's doch begriffen. ☺
Ja, an der Stelle haben zumindest Frauen eine angeborene kapitalistische Intelligenz. ☺

[Die Triebfeder]

Der Kapitalismus, das ist wie das Märchen vom Fischer und seiner Frau . Kennen Sie noch das alte Märchen vom Fischer und seiner Frau? Der Fischer, der diesem Butt begegnete auf dem Meer, und der Butt hat ihm einen Wunsch erfüllt. Er kommt nach hause, die Frau sagt: Wo hast du denn das her? Ja, hat mir der Butt geschenkt. Sagt die Frau: Ja, das ist ja schon schön, aber fahr nochmal raus, ich wünsche mir das und das; der raus und sagt: Butt, es tut mir furchtbar leid, es ist mir unangenehm, aber meine Frau ist noch nicht zufrieden – sie hätte das auch noch gern. Ja, kein Problem, kriegst du auch noch. Der fährt wieder nach hause. Die Frau sagt: Hat ja schon wieder geklappt. Hör mal: Das hätte ich auch noch gern. Fahr wieder raus. Und sie schickt ihn immer wieder raus. Und jedesmal immer diese Geschichte - der Fischer ganz bedrückt vor dem Butt: mine Fru de Ilsebill, will nich so, as ik wol will. Die schickt dem immer wieder raus – die Frau kriegt den Hals nicht voll. Sie wird niemals glücklich und zufrieden, sie will immer noch mehr, noch mehr, noch mehr, noch mehr. Irgendwann sagt der Butt: Wißt ihr was, ihr könnt mich mal. Ich nehm euch alles wieder weg. Das ist das Märchen vom Fischer und seine Frau, und das Märchen vom Kapitalismus. Wir haben immer mehr, mehr, mehr, mehr, mehr. Und keiner wird zufrieden, und alles ist in sich zusammengebrochen. Und die treibende Kraft bei der ganzen Sache, das sind nun mal die Frauen - ich hab das Märchen nicht geschrieben, ☺☺ ich bin nur der Überbringer der schlechten Nachricht. Ja, buuhh... [zum Publikum] Wann kauft Ihr Mann eine neue Hose? Wenn Sie sagen: Die ziehste nicht mehr an. ☺☺ Wir Männer ersetzen Dinge widerwillig wenn sie so kaputt sind, daß man sie nicht mehr tragen kann. Das nennt man nachhaltiges wirtschaften. Wenn Frauen nur die Hosen kauften, die sie benötigen, da würde doch unsere Industrie kaputt gehen. Wenn Frauen nur die Klamotten kaufen, die sie brauchen, dann würde Karl Lagerfeld6 verhungern. Und er sieht schon nicht gut aus ... ☺☺



6) Mode-Designer, Künstler und Fotograph

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