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Heiner Geißler Interview   11.04.2010

Crises leave behind no learning effect I: the crazy tax goals of the Free Democrats and the voter

Jörg Schönenborn: Herr Geißler, Sie sind scharf in Ihrer Analyse. Sie tragen überzeugend vor, welche Entwicklungen es gegeben hat. Stellen Sie sich auch nicht häufig die Frage: Warum die Welt, warum auch unsere Politik so wenig daraus lernt? Also, ich nehme das Beispiel mit den Steuern für den Aufbau der Neuen Bundesländern, das Sie gerade kritisiert haben. Wir haben jetzt wieder eine innenpolitische Situation in der, trotz großer Lasten, trotz finanzieller und gesellschaftlicher Lasten Steuerreduzierung das Hauptmantra zu sein scheint. Also, warum lernen wir so wenig?

Heiner Geißler: Ja, was heißt wir?

Jörg Schönenborn: Wir als Gesellschaft, wir haben eine Regierung die wir mehrheitlich gewählt haben. Also, wir sind ja alle mit dafür verantwortlich. Ich vermute, Sie selber haben sie auch gewählt.

Heiner Geißler: Ja, natürlich. Nur, darf ich mal drauf hinweisen, daß die Angela Merkel diese Steuersenkung nie gewollt hat. Aber die CDU hat sie gewollt, und die FDP. Und die CDU hat nolens-volens bei den Koalitionsverhandlungen zugestimmt. Das war ein Fehler. Nach meiner Auffassung
Ich maße mir nicht an, daß das unbedingt richtig sein muß, was ich da wirtschaftspolitisch sage. Man muß sich sowieso dafür davor hüten, daß man die Wirtschaftstheorien als exakte Wissenschaft betrachtet und sagt, das ist absolut richtig. Also, nach meiner Auffassung spricht schon einiges dafür, daß in dieser Zeit einer hohen Staatsverschuldung, und der riesigen Aufgaben, z.B. n den Klassenzimmern unserer Schulen, in denen der Schimmel den Wänden hoch wächst und den Kommunen das Geld fehlt, um die nötigen Investitionen zu tätigen, womit Handwerker Aufträge kriegen würden, in einer solchen Zeit also Steuern in €20-25 Mrd-Höhe zu senken ist schon, vorsichtig gesagt, sehr kühn. Es war eben eine Ideologie der FDP. Damit sind sie angetreten, hatten einen riesigen Erfolg in der letzten Bundestagswahl, vielleicht nicht deswegen allein. [...]

Jörg Schönenborn: Aber Herr Geißler, das Interessante ist doch, daß die Verlockung dieser Ideen offenbar so groß war, daß es dafür eine breite Unterstützung durch die Wähler im vergangenen Jahr gab. Und daß, bestimmte Mechanismen - Sie haben gerade 1990 beschrieben - immer wieder vorkommen. Vielleicht sind wir, als Mehrheit der Gesellschaft immer wieder bereit ein verlockendes Argument zu folgen.

Heiner Geißler: Ich glaube im jetzigen Fall ist es einfach eine Konzession an den Koalitionspartner gewesen. Vor einem halben oder einem dreiviertel Jahr war die Kanzlerin ja gegen jede Steuersenkung, ist dann allerdings auch von der CSU unter Druck gesetzt worden. Und hat dann nolens-volens dazu gestimmt. Das war ein Fehler. Aber bei Koalitionsverhandlungen läuft es manchmal so. Ich habe das selber miterlebt.



 

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